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BaldMan's Mojo

99er Fender Mexico Strat

Franz hatte die Fender (lt. Seriennummer 03/99) bei einem bekannten Münchner Reparaturbetrieb für viel Geld mit Edelstahlbünden neu bundieren lassen. Ob der Sattel auch neu gemacht wurde, kann ich nicht sagen. Das sah aber nicht so aus. In jedem Fall hatte Franz Probleme beim Spielen. Die hohe e-Saite rutschte am 1. Bund immer runter. Als er sich darüber beschwerte, bekam er zur Antwort "Dann musst Du anders spielen". Dazu fällt mir nun überhaupt nichts ein.

Bestandsaufnahme

Bünde

Die Bundierung war im wesentlichen einwandfrei. Allerdings waren die Bundenden nicht alle im gleichen Winkel abgeschrägt. Einige waren flacher abgeschrägt als andere. Dadurch vermindert sich der spielbare Raum. Je höher der Bund, desto gravierender wird das.

Der Seitenabstand der Saiten am Korpus war 2mm bis zur Verrundung des Bundes und 4mm zum Griffbrettrand.

Bünde werden im allgemeinen mit ca. 35 Grad abgeschrägt. Bei eine Bundhöhe von 1,1mm wie hier sind das 0,77mm und 2mm. Es wurde also pro Seite mehr als 1mm nutzbare Breite des Bundes verschenkt. Der gefeilte Winkel entprach ca. 60 Grad (!). Deutlich zu flach.

Außerdem fiel negativ auf, daß die Restöffnungen unter den Bundschlitzen nicht verschlossen waren. Bundschlitze sind oft tiefer gesägt, als für die Bundstäbchen erforderlich. Dadurch kann man von Seite quasi unter den Bund schauen. Durch diese Öffnung dringt Handschweiß, Feuchtigkeit und Dreck ein. Also unbedingt verschließen. Klassich geht das mit kleinen Holzstreifen, Schleifstaub mit Sekundenkleber oder ganz einfach Reparaturhartwachs. Letzteres gibt es in jedem Baumarkt in etlichen Farben. Den Trick habe ich aus der Werkstatt von Lutz Heidlindemann, Guitar Doc Berlin.

Sattel

Anscheinend war für die neuen Bünde kein neuer Sattel angefertigt worden. Statt dessen war der alte mit einem Furnierstreifen unterlegt.Er sass auch leicht schräg. Und die Saitenschlitze waren unterschiedlich tief. Die tiefe E-Saite sprang fast raus.

Gravierender  war, dass er an den Seiten nicht richtig passte und die Seitenabstände untereinander und zur Griffbrettkante nicht stimmten. Ein fenderhals hat am Sattel im allgemeinen eine Breite von 42mm (plus ein paar Zehntel). Das ergibt einen Saitenabstand von 7 mm und eine Seitenabstand zur Griffbrettkante von 3,5 mm. Hier hatten wir einen Saitenabstand von 7,4 mm und einen Seitenabstand 2,5 mm. Also 1 mm weniger. Sieht man sich das am 1. Bund an hatten wir einen Abstand der Saiten bis zur Verrundung des Bundendes von 1,5 mm(Griffbrettkante 3 mm). Das kann nicht gut funktionieren. Da war ein neuer Sattel fällig.

Elektrik

Der Schalter ging nicht richtig und das Pickguard sollte getauscht werden. Also erstmal abschrauben. Das was vor mir lag liess sich nur als "Tal des Grauens" beschreiben. Irgendwer hatte mal versucht, das Fach mit Alufolie abzuschrimen. Das muss aber ewig lange her sein. Die Folie hatte sich an zahlreichen Stellen gelöst, war aufgrund des Alters brüchig geworden, mit Klebeband und Tesafilm (beides auch schon brüchig) mehr oder minder fixiert worden und einige Teile schlabberten ungehindert auf der Suche nach Kurzschlüssen im Raum rum. Eine Masseverbindung gab es nicht. Technisch völlig sinnlos.

Die Lötstellen sahen eher nach rumbraten mit Papas 120 Watt Werkstattlötkolben aus. Das Pickguard war wie erwartet unzureichend abgeschirmt. Da das Pickguard schon mal getauscht worden war und bei dem neuen die Bohrungen anders waren, waren einige Bohrungen ausgerissen. Unsachgemäß befestigt. Die Lackabsplitterungen legt nahe, dass die Schrauben einfach reingewürgt wurden. Der Schalter war nicht defekt. Kurzschluss durch Alufolie. Allerdings war er schon älter und die Leiterbahnen hatte deutliche Verschleissspuren. Meine Empfehlung: Alufolie raus (zwingend), neu abschirmen (Rockinger Abschirmlack), Schalter und Potis ersetzen und neu verkabeln. Dann ist Ruhe.

Zusammenfassung Bestandsaufnahme

Für das Alter war die Gitarre in einem guten Zustand. Es ist normal, daß im Laufe der Zeit vor allem an Strats Änderungen vorgenommen werden (Pickuard, Pickups usw.). Und nicht immer handwerklich perfekt. Aber solange alles bei dieser reversibel ist, ist alles ok. Und vor allem war die außergewöhnliche Lackierung nicht übersprüht worden.

Die Reparatur

Elektrik, Pickguard usw.

Drei Bohrungen für das Pickguard waren so ausgerissen, dass Dübel rein mussten. Eine Bohrung war so dass keine Schraube mehr fasste, eine lag schon vorher nicht richtig und eine lag so dicht neben einer anderen, dass sich ein annähernd ovaler Krater gebildet hatte. Schonmal einen ovalen Dübel geschliffen? Es geht.

Neues Pickguard, neue Potis, neue Schalter und neue Kabel.. Das war unspektakulär.

Bei Kabeln verwende ich immer AWG22 (verbauen die Amerikaner) mit Silikonmantel. Das hat den Vorteil, daß der Mantel beim Löten nicht schmilzt und man extrem kurz abisolieren kann. Verringert die Kurzschlussgefahr. Und es passiert nichts, wenn man mit dem Lötkolben mal gegen ein Kabel kommt. Für den Sound ist der Mantel egal. Auch wenn einige "Gurus" was anderes behaupten. Aber Voodoo sells.

Aber zunächst war die Abschirmung dran. Unter der Buchse kam noch mehr Selfmade Abschirmung zu Tage. Am Boden war sogar Ein Teil einer Verpackung von Tempotaschentüchern. Wahrscheinlich zur Isokierung. Das es da keine Kurzschluss gab ist ein Wunder.

Das entfernen der "Möchtegernabschirmung" aus Haushaltsalufolie. doppelseitigem Klebeband, Tesaband und Tesafilm war ziemliche Fummelarbeit. An Alufolie kann man schlecht ziehen. Darunter kam das übliche zum Vorschein. Jede Menge Reste Polierpaste. Die mussten weg. Der Dremel mit Kunststoffbürste tat den Job. Dann wurde das E-Fach und das Buchsenfach mit Abschirmlack von Rockinger ausgestrichen. Schön über die Kanten, damit es später einen Kontakt zur Abschirmung des Pickguards gibt und ein Faradayscher Käfig entsteht.

Das Pickguard hatte nur die übliche Minimalabschirmung an den Potis. Es wurde im Bereich der Pickups zusätzlich mit Abschirmfolie beklebt. Dann alles zusammengebaut/gelötet und das war es. Statt der Silikonschläuche als Federn wurde "echte" Federn bei den Pickups verwendet. Silikonschlauch wird gerne in der Producktion verwendet, da er leichter und schneller montiert werden kann. Schnipp von der Rolle, ab auf die Schraube und fertig. Eine Feder ist da fummliger. Der Schlauch altert zwar sehr langsam, aber verliert im Laufe der Zeit Elastizität und Formbeständigkeit. Deshalb Federn.

Der Sattel

Raus ging er gut. Etwas schieg angeschaut und er war draußen. Der Furnierstreifen blieb wunderbarerweise am Sattel. So musste in der Sattelnut nur etwas Klebstoff entfernt werden (dachte ich).
 
Der Ärger kam danach. Die Gitarre war wie gesagt neu bundiert. Bei Fender wird die Sattelnut  nach dem Verrunden des Griffbretts gefräst. Deshalb ist sie nicht gerade, sondern gewölbt. Der Radius entspricht ca. dem des Griffbretts. Der war hier wie bei den meisten Fender 'Gitarren 9,5". Die Sattelnut hatte aber einen Radius von 12"! Also war das Griffbrett irgendwann bei einer Neubundierung mal von 12" (hatten um 99 herum einige Mexico Strats) auf 9,5" umgeschiffen worden. Oder bei der letzten.
 
In jedem Fall muss bei eine Neubundierung der Sattel getauscht werden, da die neuen Bünde höher sind und somit die Schlitze für die Saiten zu tief. Das war hier unterblieben. Schlimmer noch. Bei der Neubundierung hätte einem erfahrenen Gitarrentechnicker auffallen müssen, dass die Radien nicht zusammen passten und nach dem Schleifen die Nut zu flach war (Mitte 2 mm, außen 1,5 mm - normal ca. 2,5-3 mm). So konnte der Sattel nicht richtig halten. Bei Strat und Tele hält der Sattel normalerweise durch klemmen. Hier war es noch schlimmer, da die Deppen den alten Sattel mit einem Furnierstreifen einfach höher gelegt hatten, statt die Sattelnut zu vertiefen (fräsen oder feilen) und einen neuen Sattel zu verbauen.
 
Ich habe die Nut dann etwas tiefer gefeilt.
 
Der Rest lief "normal". Knochen sägen, scheifen, feilen, schleifen, polieren und einbauen.
 

Setup und fertig

Saiten drauf, stimmen, Saiten dehnen und nochmal stimmen. Setup überprüft. Die Halskrümmung stimmte nicht. Korrigiert. Das war wieder Pfusch von der Neubundierung. Wenn man das Griffbrett schleift und neue Bünde einsetzt, kann sich die Steifigkeit des Halses ändern und damit die Krümmung. Das war anscheinend nicht gemacht worden.
 
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