Epiphone Sheraton II
Die Gitarre war wirklich alt und ziemlich in die Jahre gekommen. Die Sheraton II wurde von Samick in Korea von 1986-2001 für Epiphone produziert. Die hier ist ein sehr frühes Modell, da nur die auf dem Headstock als Logo "Epiphone by Gibson" trugen. Im Gegensatz zu den später in China gefertigten Sheratons gelten diese als besonders hochwertig verarbeitet. So ist z.B. der Hals unterhalb des Griffbretts mit 2 eingelegten Walnusstreifen verstärkt, wie man es heute oft mit Karbonstäben macht.
Jedenfalls war das mit Abstand eine der komplexesten Reparaturen, die ich je hatte.
Bestandsaufnahme
Die Gitarren war wie gesagt ziemlich in die Jahre gekommen. Die Bünde waren runter, der Sattel ein nicht richtig passendes Plastikding und der Schalter britzelte, wenn man dagegen kam. Die Vergoldung von Brücke und Saitenhalter war zum Teil runter und der Zinkdruckguss war durch jahrelangen Handschweiß korrodiert und pickelig geworden.
Die Pickups klangen gruselig. Die Vergoldung hatte sich zum Teil verabschiedet und das Messing der Kappen kam zum Vorschein. Messingkappen sind eh Mist, da sie den Klang stark beeinflussen (Höhenverlust). Deshalb haben früher viele Gitarristen die kappen entfernt. Heute sind Kappen aus Neusilber üblich, das den Klang nicht beeinflußt.
Ein besonderes Problem war die Brücke. Die Brücke der Sheraton hat nämlich nur 72mm Bolzenabstand im Gegensatz zur LesPaul und SG mit 73,5 mm Bolzenabstand.
Da war einiges zu tun.
Der Hals
Der musste neu bundiert werden. Zunächst mal wurden die Bünde gezogen. Dies ist notwendig, umd die Dicke des Bundfußes (engl. Tang) zu bestimmen. Der ist meist 0,5 mm oder 0,6 mm dick. Muss man wissen, bevor man Bunddraht bestellt. Von der Bundhöhe und -breite hätte es ein Dunlop 6130 o.ä. sein müssen. Nur der hat einen 0.5 mm Tang. Nur kein Hersteller hat so einen Draht im Programm. Es wurde dann ein etwas gößerer Draht (2 Zehntel breiter, 4 Zehntel höher, entspricht Dunlog 6120) bestellt. Keine Ahnung, was Samick damals genommen hat.
Aber vorher wurde der Body ausgeräumt (s.u.) Der Halspickup wäre später beim Schleifen im Weg gewesen.
Zuerstmal wurde der grobe Dreck mit der Rasierklinge entfernt. Ich bin kein Fan von Reinigungsflüssigkeiten. Die lösen den Schmutz an und mein reibt ihn überall rein.
Anschliessend wurden die Nasen vom Binding weggefeilt. Das Binding hatte Risse, war aber glückerweise nicht lose. Das sieht man oft bei älteren Gitarren. Das Holz schrumft und das Metall nicht. irgendwo muss es hin. Bei Gitarren ohne Binding gibt es scharfe Kanten, bei Bindings drücken sich die Bünde ins Binding. Ursache ist, das der Tang nicht weit genug ausgeklinkt wurde um da etwas Raum zum Atmen zu geben. Ätzend, aber normal.
Dann wurde das Griffbrett geschliffen (12" Radius). Alles ok - nur das Binding machte etwas Stress? Warum?
Hierzu muss man wissen, wie es angefertigt wurde. Das Binding besteht aus mehreren Streifen. Zuerst wird das innere Binding geklebt, dann die Bundschlitze gesägt, bundiert und die Bundenden bündig mit dem Binding gefeilt. Anschliessend kommt das äussere Binding drauf, der Bereich zwischen den Bünden wird entfernt (z.B. feilen) und an den Bünden mit dem Bund verrundet. Das Problem war, dass die Stellen zwischen den Bünden nicht denm Griffbrettradius entsprachen.Der Winkel war steiler. Und das nicht gleichmässig.
Also war klar, dass jeder Bund einzeln angepasst werden musste, wobei die frei stehenden Bundenden etwas überbogen werden mussten um anzuliegen. Ziemlicher Aufwand. Alles auf Griffbrettradius schleifen war keine Option, da dadurch dir Inlays evtl weggeschliffen oder beschädigt worden wären.
Ein weiteres Problem waren die Bundschlitze im Bereich des Bindings. Da sich die alten Bünde in das Binding gearbeitet hatten, waren diese leicht verformt bis fast zu. Die mussten einzeln frei geschitten werden.
Die Bundschlitze beim 1. und 2. Bund waren ausgeleiert. Ein "normales" Bundstäbchen hielt nicht richtig. Hätte man einkleben können (ungern bei Bindings - man muss auch an die nächste Neubundierung denken und wie man den Kleber wieder los wird) oder crimpen. Dadurch wird der Tang weiter. Ich habe für letzteres entschieden. Dafür gibt es eine spezielle
Zange (Fret Crimper). Danach hielten die beiden Bünde einwandfrei.
Der erste Bund musste wg. des stark abfallenden Bindings am Ende überbogen werden.
Zu guter letzt waren aber alle sauber drin. Das Befeilen der Bundenden war auch aufwendiger, da das Binding nicht überall gleich dick war.
Der Rest war dann Routine. Bundkanten abschrägen, Bünde abrichten, verrunden, Griffbrett ölen und das ganze polieren.
Jedenfalls war das die komplexeste Neubundierung, die ich jemals hatte.
Sattel
Zuerstmal wurde die Sattelnut gereinigt. Viel Kleber, aber hatte auch nicht gehalten. In der Nut sah man gut die Walnussstreifen. Der Sattel war Routine. Sägen, schleifen, feilen, schleifen und polieren. Das war's.
Body & Elektrik
Ich mag Semiakustiks. Ich liebe die Optik. Aber die Elektrik nervt. Man darf alles durch das F-Loch rausfummeln und nachher wieder rein. Also erstmal das Rausfummeln.
Body
Die Schrauben der Pickuprahmen waren ziemlich lose. 2 gingen ohne schrauben raus. Ok - falsche Schrauben (dache ich). Die Überraschung kam später. Am Halspickup gab es einen Kabelbruch. Teilweiser Kontakt zu Masse. War klar, woher der gruselige Sound kam. Der Brückenpickup war anscheinend mal getauscht worden. Hier war einer (oder eine) faul. Statt die Elektrik rauszupfriemeln wurde einfach das Kabel am Pickup kurz abgeschnitten und angelötet. Und eine Beschädigung des Kabels gab es auch. Die Kabel wurden in Textilschläuchen geführt, die mittlerweie brüchig waren. Interessant war an einer Stelle die Kabelbefestigung. Einfach einen Knoten mit dem Massekabel der Brücke rum. Hält doch. Der Rest war halt einfach alt.
Richtig fies hatte sich jemand am Ausschnitt für den Halspickup vergangen. Irgendwie nervte da wohl das Holz der Decke. Also gröbstmotorisch entfernt. Mit Splittern. War klar, dass da keine Pickupschrauben mehr halten konnten. Die Reparatur schien spannend zu werden.
Erstmal wurden Splitter entfernt und das aufgesplitterte Sperrholz der Decke wieder zusammen geklebt. Anschliessend wurde die Kanten des "Schnittes" mit Sekundenkleber stabilisiert und gerade gefeilt. Ein Stück Holz in Stärke der Decke wurde passend für den Ausschnitt gefeilt und auf ein Stück Sperrholz geklebt, die Kontur der Pickupöffnung auf das Holz angezeichnet, und das Sperrholz so zugeschnitten, daß es unter die Decke geklebt werden konnte. Pickup Kontur rausgearbeitet, eingeklebt und dann die Kontur nachgearbeitet. Hält bombenfest und die Pickupöffnung war wieder (fast) ok.
Später waren noch ein paar Nacharbeiten erforderlich, da der Pickup nicht mittig sass.Das war wohl auch der Grund, für den Schaden. Irgendwer hatte grob die Öffnung erweitert, um den Pickup in die Mitte zu bekommen.
Brücke und Saitenhalter
Kluson fertigt extra für bei Samick gefertigte Gitarren eine passende Brücke. Leider gibt es die nicht in Europa. Also musste sie aus USA kommen. Ein passender Saitenhalter konnte über Ebay in China aufgetrieben werden.
Jeder kennt das - ohne Brücke oder Saitenhalter wackeln die Bolzen ziemlich locker in ihren Gewinden rum. Dieses Spiel ist auch notwendig, um sowohl Fertigungstoleranzen beim Bohren im Korpus als auch das arbeitende Holz auszugleichen. Wieso oft wurden die Bohrungen für die Einschlagmuttern senkrecht zur Korpusoberfläche gebohrt. Bei einer gewölbten Decke heisst das, der Kragen des Bolzen liegt prima auf der Decken an, aber der Bolzen steht schief.
Der Saitenhalter passte gut, wenn man die Bolzen einen Hauch löste, so dass sie seitwärts arbeiten können. Bei der Brücke funktionierte das nicht. Die Originalbrücke schlabberte auf den Bolzen rum. Die Kluson hat da deutlich weniger Toleranz. Sie passte drauf, ging aber nicht ganz runter. Die Bohrungen der Brücke wurde deshalb vorsichtig von unten mit einer Kegelreibahle ausgerieben, bis es genau passte.
Elektrik
Beim letzten Mal, als ich eine 335 verkabelte, habe ich mir geschworen, nicht ohne Vorrichtung, damit die Kabel auch passen (siehe Bilder). Das ganze verlief unkompliziert. Es wurde abgeschrimtes Koaxialkabel verwenden. Das ist zwar deutlich aufwendiger zu verarbeiten als Einzelkabel (Außenmantel abisolieren, Schirm verdrillen, Schrumpfschlauch auf das verdrillte Kabel, und Schrumpfschlauch auf den Abzweig), aber bei 335 u.ä. hat man ja kein E-Fach, das einfach abzuschirmen ist. Und Sicherheit geht vor.
Die bestellten Wilkinson Pickups hatten einen Schönheitsfehler. Beim Bridgepickup war ein Kappe für den Hals drauf. Beim Einbau stand das Wilkinson Logo auf dem Kopf. Und rummurksen um das Logo zu entfernen wollte ich nicht. Das Logo war erhaben und nicht ein einfacher Aufkleber. Also erstmal reklamiert. Ersatz kam nach 11 Tagen. Und wieder das gleiche. Aber jetzt hatte ich einen Pickup zum Spielen. Hatte gerade gelesen, daß sich jetzt sich der Kleber der Logos oft mit Isopropanol Alkohol auflöst. Probiert und 5 Minuten später war das Logo Geschichte. Also die Logos von den eingebauten Pickups entfernt. Sah auch gleich besser aus (und ich habe einen Pickup über

).
Danach die Pickups an den vorbereiteten Kabelbaum an die Push-/Pull-Potis gelötet. Getestet am Amp - alles funktionierte. Dann kam der unangenehme Teil - reinfummeln. Bei Gitarren wie der 335 u.ä. geht das durchs Schallloch. Draht durchfummeln von der Bohrung zum Bauteil und durchziehen. Bei den Potis wickel man den Draht um die Achse, aber bei der Buchse? Lösung: 2 Drähte. Ein Streichholz quer unter der Buchse und einen Draht, um das nach Einbau wieder zurückzuziehen.
Ein Problem ist, dass der Draht seitlich am Poti sitzt und das deshalb quer an der Bohrung ankommt. Bei den Push-/Pull Potis ging das so nicht. Daher den Draht (für den Zug) durch einen Gummischlauch (für die Führung). Das funzte. Noch ein Funktionstest (und dabei den Schalter richtig ausgerichtet), Knöpfe drauf, Pickguard angebaut und erledigt.
Setup und fertig
Hat zwar etwas gedauert, aber unspektakulär. Halskrümmung, Saitenlage, Oktavreinheit und Pickuphöhe eingestellt und fertig. Endlich.